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Alles selbst eingescannt aus alten Zeitschriften.

Dienstag, 22. Oktober 2013

Kontaktanzeigen 1957

Kleines Frauchen gesucht.
Kontaktanzeigen gibt es nicht erst seit BRAVO. Wahrscheinlich auch nicht erst seit 1957. Bereits die alten Ägypter suchten an der Tempelmauer des Vertrauens intime Papyrus-Freundschaften (damals im Volksmund auch «Papyrus-Krieg» genannt). Nach diesem ausschweifenden Ausflug in die Antike zurück in die Neuzeit. Nehmen wir beispielsweise – rein zufällig – das Jahr 1957: Da das Internet erst wenige Jahre später entdeckt wurde, mussten die Leute ihre Kontakte noch in den Printmedien knüpfen. Oder im Real Life, aber das Real Life war damals schon ziemlich Fourties. Per Annonce ins Glück. Das fiel den Menschen damals noch leicht wie Zunder, denn sie waren der Schriftsprache mächtig. Nichts mit HDGDL und HDF – wer sich ausdrücken wollte, musste die Sprache beherrschen. Womit wir bei den Anzeigen wären. Sie stammen übrigens alle aus der selben Ausgabe der selben Zeitschrift.

Am liebsten schicksalgeprüft – gerne Witwe! Denn: geteiltes Leid ist halbes Leid (und etwas Freud). PS: Doppelporto nicht vergessen! Was immer das ist. Rückporto kann es wohl nicht sein – oder wer will schon seine zukünftiges kleines Witwen-Frauchen die Mark Fuffzig für den Retour-Brief bezahlen lassen?



Kunstgewerblich begabte, geistig nicht unvermögende Lehrerin mit Aussteuer.

Ich komme nicht draus. Wer hilft?

«Witwe eines Musiklehrers» – Geht es noch etwas genauer? Was war die Todesursache? Aussteuer vorhanden?

Pelzgeschäft – da müsste ich passen. 100'000 DM Vermögen würden mir – apropos passen — allerdings passen. Falls dieses nicht nur aus von Motten zerfressenen Persianern besteht.

Eine Reise mit klarer Ansage – baldige Ehe nicht ausgeschlossen.

Bei späterer Heirat würde die Bekannte (34) sicherlich auch gerne ein Wörtchen mitreden.

«Briefliche Annäherung» – hier wird nach deutscher Gründlichkeit und strikt nach Plan vorgegangen.

Das Institut Viktoria existiert laut Google noch heute.

Ehrlich und direkt: Biete eigenen Wagen gegen gute Figur. Sie sollte mindestens sechs Jahre jünger und WIRKLICH hübsch sein. Romantisch!

Beruhigend, dass der Zahnarzt einen Doktortitel hat. Dipl. Strassenbauer wäre in diesem Zusammenhang weniger vertrauenserweckend.

Toller Typ sucht eierlegende  Wolchmilchsau aus wirklich gutem Haus.

Der blonde Beamtensohn würde in seinem Häuschen am Stadtrand einen liebenswerten Menschen oder ein ein glückliches Paar aufnehmen. Interessenten bitte melden.

Akademiker waren damals der Shit!

...DER Shit. Selbst wenn sie unvermögend waren. Oder bezieht sich das auf die hübsche, blonde Sekretärin?

Und noch ein Akademiker. «Nicht unbemittelt» heisst «nicht dumm», oder?

Vielleicht würde die intelligente Dame auch des Exportkaufmanns Alter interessieren.

«Mitarbeiter eines wissenschaftlichen Instituts» – heute bekannt unter «arm, aber intelligent».

«Gesicherte Position» – ganz der Beamte.

Ein wahrer Poet.


7 Kommentare:

  1. Herrlich! Das sind zwei Anzeigen, in denen die Herren die Heirat w. (wünschen), durch die Agentur der Frau Rhomba. So verstehe ich es zumindest.

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  2. Jaja, nur Bares ist Wahres ;-)
    Ich glaube, das mit dem "unbemittelt" bezieht sich darauf, dass die Dame nicht ohne finanzielle Mittel dasteht, also: sie wird wohl eine Aussteuer mitbringen, nehm ich an :-)

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    1. Ah ok :-) Ich ging vom Wort "minderbemittelt" aus, das man ja heute eher im Intelligenz-Zusammenhang braucht (zumindest umgangsprachlich).

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  3. Fürstbischof Knut-Hubert23. Dezember 2013 um 17:52

    Dass der Herr Zahnarzt so ausdrücklich auf seinen Doktortitel verweist, hängt mit einer kleinen, längst vergessenen Eigenheit des deutschen Medizinwesens zusammen: Bis 1952 gab es neben den akademisch geschulten Medizinern, die als Zahnärzte tätig waren, auch noch die nichtakademischen Dentisten, die eine Ausbildung an einem Lehrinstitut abgeschlossen hatten. Beide taten so ziemlich das Gleiche und wurden auch gemeinhin unterschiedslos einfach als Zahnärzte bezeichnet, was natürlich die standesstolzen Akademiker wurmte.

    1952 wurde durch Gesetzesänderung verfügt, dass nur noch Zahnärzte zahnärztlich tätig sein durften. Die 15.000 Dentisten wurden per Nachschulung und anschließendem Qualifikationsnachweis zu Zahnärzten aufgewertet - trugen aber nicht den Doktortitel. Darum waren noch lange Jahre die akademischen Zahnärzte bemüht, sich von den ungeliebten Kollegen abzugrenzen, indem sie ausdrücklich ihren "Dr." hervorhoben.

    Faszinierend, was sich so als Echo der Zeitgeschichte in einer Kontaktanzeige finden kann!

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  4. Außerdem ist es auch heutzutage nicht nötig, dass ein Arzt promoviert. Es gibt viele Mediziner ohne Dr.-Titel. Auch, wenn der Dr. med. in der Regel relativ zügig zu erhalten ist.

    Die Anzeigen sind übrigens der Hit!

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  5. "arm aber intelligent", 29, klingt doch ganz nett. Und könnte sich mit der Zeit zum Akademiker mausern.

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