Rouge-Pistole Reloaded: Nie waren die Sujets schöner und logischer als 1984. |
Stark sein jetzt: Es gibt wieder die maximale Dosis Airbrush und Weichzeichner auf die Augen. Bisherige Beiträge: 1994 und 1987. Nun geht's noch tiefer in die 80er. 1984 waren vermutlich die wenigstens von euch im Poster-fähigen Alter – bis auf die sehr, sehr Alten. Eure Eltern zum Beispiel. Oder ihr selbst, falls ihr ebendiese Eltern seid. Hätten wir das also geklärt.
Auch diesmal stammen die irre starken Sujets aus einem Katalog des Poster-Versandhändlers Fotographica, den es heute nicht mehr gibt. Eigentlich schade. Etwas mehr Poster würden der heutigen Welt gut bekommen. Make posters, not war.
Wie bereits in einem früheren Beitrag erläutert, war das wirtschaftliche Geheimnis hinter der damaligen Poster-Hysterie der Mengenrabatt: Je mehr Poster man auf einmal bestellte, desto günstiger wurde das Einzelstück. Sammelbestellungen drängten sich deshalb auf. Kolleginnen und Kollegen wurden dazu ermuntert, sich doch auch das eine oder andere Airbrush-Pferd zu gönnen. Frei nach dem Motto: Ein Pferd ist kein Pferd. Hier noch ein romantisches Paar im Sonnenuntergang, da noch eine stilvoll inszenierte Cola-Dose – je poster, desto besser.
So kostete das Poster ab 30 Stück nur noch 3 Franken Fuffzig. Statt fast 5. 5 Franken war 1984 noch eine unfassbar hohe Summe für die geschundene Teenager-Brieftasche. Ungefähr 8 Mark Fuffzig. Teuerungsbereinigt also ca. 4 Euro. Oder um noch genauer zu sein: 8 Euro Fuffzig. War da nicht irgendein großes deutsches Trauma, dass heute bei den Preisen der Mark/Euro-Umrechnungskurs einem 1:1-Verhältnis entspricht, während beispielsweise bei den Löhnen die kohl'sche 1:2-Formel schlauerweise beibehalten wurde? Kein Wunder, fordern heute viele Deutsche die Rückkehr der Mark (welche, müsste dann noch im Detail angeschaut werden – es stünden ja mittlerweile nebst Deutscher Mark und Reichsmark auch verschiedene Underground-Märker von Reichsbürgern und Chemtrailern zur Auswahl).
Zurück zum Geschäftsmodell Fotographica: 1984 wurde das Massenbestellungsphänomen mit zwei zusätzlichen Anreizen angeheizt. Einerseits erhielt man pro 10 bestellte Poster ein Poster gratis. Andererseits wurden Turbo-Bestellerinnen ab 30 Stück mit dem wundervollen Fotographica-Kalender belohnt. Fantastisch! Die Bonus-Geschenke gingen natürlich in die Tasche der federführenden Sammelbestellerin und dienten so als zusätzliche Motivationsspritze, auch noch dem letzten Klassenkameraden ein Clown-Poster aufzuschwatzen.
Hier noch schwarz auf weiss: «Fotographica-Sammelbestellungen sind schon lange der Geheimtipp unter allen Poster-Fans!» So ist es, liebe Poster-Fans. Als dritter Anreiz winkten der fleissigen Bestellerin noch zwei unfassbar tolle Aufkleber, die jedes Schulheft zum einzigartigen Bijou machten.
So, und nun viel Spass mit den Postern from Hell.